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21.08.2022

DER RAUE GRAUE

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Der slovenský hrubosrstý stavač, abgekürzt SHS, wurde in den züchterischen Anfängen als Rauhaar-Weimaraner bezeichnet und ist in Deutschland noch nicht sehr bekannt. In der Slowakei, seinem Ursprungsland, erfreut sich dieser ausgezeichnete Allrounder für Familie und Jagdbetrieb großer Beliebtheit. Viele Jäger und deren Familien genießen sein auffallend freundliches Wesen und seine Leichtführigkeit. Ich habe mir einige Hunde in deren Ursprungsland angesehen.
 

In den frühen neunziger Jahren las ich das erste Mal eine Rassebeschreibung über Weimaraner und stieß dabei auch auf die Beschreibung eines rauhaarigen Weimaraners, der mir auf Anhieb zusagte. Leider fand ich keinen Ansprechpartner für eine Welpenvermittlung oder einen Züchter in Deutschland und so zog ein Kurzhaar-Weimaraner bei uns ein. Der Rauhaar-Weimaraner, wie er ursprünglich genannt wurde, geriet bei mir wieder in Vergessenheit. 

Erst viele Jahre später ging ich das Thema Slowakischer Rauhbart noch einmal an. Diesmal suchte ich gleich im Ursprungsland und knüpfte Kontakte zum Zuchtverband. Ein Termin wurde abgesprochen, das Auto gepackt und los ging es in Richtung Slowakei. Was würde uns dort erwarten. Richtige graue, rauhaarige Weimaraner? Oder nur graue Hunde mit rauer Jacke wie ein Deutsch Drahthaar? Wie würden die Hunde sich im Feld und am Wasser zeigen? War ihre soziale Verträglichkeit wirklich so exzellent wie man ihnen nachsagt? 

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Mit vier Hunden und Dolmetscherin reisten wir an und wurden von Zuchtwart und Vereinsvorständen, allesamt Jäger die uns ihre Hunde vorführten, sehr gastfreundlich aufgenommen.

SO FING ALLES AN

Die eigentliche Entstehung dieser Rasse begann in den frühen 50iger Jahren. Damals fielen mehrere atypische Welpen in Würfen von český fouseks. Sie hatten zwar dieselbe rauhaarige Fellstruktur wie der fousek, jedoch waren sie grau. Warum das so war, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. Eine Geschichte sagt, dass dieser erste rauhaarige graue Welpe, der graue Rüde "Bobi Selle", in einem Wurf des Züchters Ladislav Greznarik in Šaľa, Slovakia gewölft wurde. Dieser Züchter war damals in der Entwicklung der Drahthaarviszla sehr aktiv und es wird erzählt, dass er bei seinen experimentellen Verpaarungen auch Vorstehhunde der Rassen český fousek, Drahthaar oder Weimaraner verwendete. 

Koloman Slimák, er führte damals das Zuchtbuch in der Slowakei, verpaarte diesen Rüden "Bobi" mit einer Weimaranerhündin aus Österreich. Ein Rüde aus diesem Wurf, "Hlas z. Karpat", wurde wahrscheinlich mit einer anderen österreichischen Weimaranerhündin verpaart. 

Graue, rauhaarige Welpen kamen auch in einem Wurf von Zigmund Gazi von Pila zur Welt. Michal Urban, Schriftführer und Vorstand der Zuchtkommission des Klubs, erzählt uns, dass der Züchter mit seiner český fousek Hündin von einem erfolgreichen Deckakt mit einem český fousek Rüden nach Hause fuhr und auf dem Heimweg einen Freund besuchte, der einen Weimaranerrüden hatte. Dabei wurde seine Hündin von diesem ein zweites Mal belegt. In diesem Wurf fielen neben typischen český fousek Welpen auch zwei rauhaarige graue Welpen, die später in das Zuchtbuch als Rauhaarige Weimaraner eingetragen wurden. Bei Greznarik kam dieselbe Kreuzung etwas später zustande. 

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Im Vergleich: SHS und Kurzhaar-Weimaraner.

Sehr früh wurde von der Slowakischen Jäger-Vereinigung ein experimentelles Zuchtbuch gegründet, in das diese Hunde zuerst als "Rauhaar Weimaraner" eingeschrieben wurden (hrubosrstý weimarský stavač). Die slowakische Jäger-Vereinigung bat nun den Weimaraner Klub Deutschlands, ihre Hunde als eine Drahthaarvariante des Weimaraners anzuerkennen. Dr. Petri, der damalige Präsident des deutschen Weimaraner Klubs, bestätigte den Eingang der Anfrage. Sie wurde jedoch mit Vorstandsbeschluss vom September 1974 mit der Begründung abgelehnt, dass die rauhaarigen, grauen Vorstehhunde aufgrund der Einkreuzung fremder Rassen nicht als dritte, rauhaarige Variante neben Kurz- und Langhaar-Weimaraner anerkannt würden.  

Doch die rauhaarigen, robusten Hunde waren in der ehemaligen Tschechoslowakei schon sehr verbreitet und beliebt, deshalb entschloss sich die slowakischen Jäger-Vereinigung, den rauhaarigen Grauen von den Weimaranern abzukoppeln und als eigene Rasse zu etablieren. Sie bewarb sich bei der FCI um die Anerkennung als selbstständige slowakische Vorstehhundrasse.  

Bereits 1970 hatte man begonnen, die vorhandene Population in drei Blutlinien aufzuteilen, die miteinander gekreuzt wurden: 
1. Hunde, die mit silbergrauer Farbe in Würfen der český fousek gefallen waren. 
2. Hunde, die wohl ursprünglich aus fousek-Würfen stammten, bei denen aber mehrmals Weimaraner eingekreuzt worden waren. 
3.Hunde, die zur Hauptsache vom Weimaraner-Rüden Buben vom Zehnthof abstammten (Quelle H. Räber). 

ANERKENNUNG DES FCI 1983

Somit wurden bis 1981 zirka 403 Hunde der neuen Rasse in das Stammbuch eingetragen werden und der Zeitpunkt war nun gekommen, einen Antrag auf Anerkennung durch die FCI zu stellten. Im Jahr 1982 erfolgte die erste offizielle Anerkennung unter dem Namen slovenský hrubosrstý stavač und nach einem zweiten Anlauf bei der Generalversammlung der FCI 1983 in Madrid wurde, zur großen Freude der Züchter, der "Slowakische Rauhbart" als eigenständige Rasse in der Klassifikation: Gruppe 7, Vorstehhunde mit dem Standard Nr. 320 anerkannt.   

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SHS-Variationen

Michal Urban erzählt uns weiter, dass die Mitglieder des Klubs im Jahr 2005 damit begonnen haben, eine neue Blutlinie für den SHS aufzubauen, denn Gesundheit, Fell-Farbe, Fell-Struktur und Körperbau waren durch Unachtsamkeiten bei der Zuchtauswahl etwas ins Hintertreffen geraten. Um dem entgegenzuwirken, wurden wieder neue Linien aufgebaut. Urban nahm die Möglichkeiten der Genetik zu Hilfe, zudem wurden alle Zuchtschritte im Zuchtbuchregister eingetragen und erst nachdem vier Generationen für den Eintrag in die Ahnentafel vorlagen, wurden die SHS wieder ins normale Zuchtbuch übernommen. 

Nach strenger züchterischer Selektion, teilt sich die Population in drei unterschiedliche Linien auf, die separat gehalten werden sollen. Schon jetzt kann man deutliche Erfolge erkennen. Die Hunde sind gesund, zeigen sehr gute Jagdanlagen und die Haarqualität ist wieder besser geworden. 
Die Klubvorstände sind sehr engagiert. So werden jedes Jahr zwei Ausstellungen, Anlage-, Schweiß- und Klubpokal-Prüfungen organisiert. 

Urban, Leiter der Zuchtkommission, ist sehr aktiv. Er organisiert die komplette Zucht, kontrolliert die Würfe, macht eine Auswahl der Zuchttiere usw. 

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An der Reizangel zeigt dieser SHS gutes Vorstehverhalten.

Die hervorragenden Eigenschaften des slovenský hrubosrstý stavač wurden von allen von mir kontaktierten Hundeführern und Züchtern übereinstimmend wie folgt beschrieben: Die meisten Vertreter dieser Allrounder sind sehr sozialverträglich gegenüber Artgenossen und Menschen. Sie zeigen ein angenehmes Temperament, das auch für einen Erstlingsführer gut zu handhaben ist. Sie arbeiten ruhig und konzentriert, sind leichtführig, arbeiten sehr kurz und damit gut unter der Flinte, sind äußerst arbeitsfreudig, zeigen großen Finderwillen und gute Wildschärfe. 

Bei meinem Besuch in der Slowakei, nutzte ich natürlich die Gelegenheit, die Hunde in Augenschein zu nehmen und zu überprüfen. Das Ergebnis war: alle Hunde zeigten sich freundlich und sehr Führerbezogen, somit auch leicht führbar. Sie zeigten eine angenehme flotte Suche, an den Remisen gutes Vorstehverhalten und auch der Apport von Enten aus dem Schilf machte ihnen große Freude. Es bestätigte sich alles, was mir diverse Hundeführer schilderten. 

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Apportierfreude ist eine von den vielen positiven Eigenschaften des Slowakischen Raubarts.

Die Liebhaber dieser Rasse sind leider in Deutschland immer noch selten. Jedoch die, die einen slovenský hrubosrstý stavač führen, sind alle sehr zufrieden. Ich hoffe, dass sich der SHS im Laufe der kommenden Jahre immer mehr durchsetzen wird. 

DER SHS AUF EINEN BLICK

slovenský hrubosrstý stavač - Slowakischer Rauhbart SHS

Der slovenský hrubosrstý stavač (SHS) ist ein mittelstarker Hund vom Gebrauchshundetyp, aber edel im Körperbau. Die Grundfellfarbe ist grau mit rauer Behaarung. Vorgesehen ist eine Eignung für Feld, Wald- und Wasserarbeiten, besonders jedoch die Arbeit nach dem Schuss: Nachsuche, Verlorenbringen und Apportieren. Der SHS ist ein leichtführiger Hund. 

Körperbau: kompakt, großrahmig mit geradem Rücken, der Rücken gut bemuskelt, fest und leicht nach hinten geneigt, gut entwickelte Vorderbrust. 
Widerristhöhe: 
Rüden 62 bis 68 cm 
Hündin 57 bis 64 cm 

Kopf : mäßiger Stopp, rechteckiger Schädel, hoch getragen.
Augen: mandelförmig, bernsteinfarbig, bei Welpen und Junghunden azurblau, Augenbrauen betont, das Hinterhauptbein leicht ausgeprägt. Die Nase ist dunkel und ausreichend groß.
Behänge: mittellang, breit über Augenlinie angesetzt und abgerundet.
Hals: mittellang, trocken, im Widerrist hoch angesetzt und ohne Hautfalten. 

Rute: reich behaart, mittelstark, hoch angesetzt, in der Bewegung waagrecht, in der Ruhe herabhängend. Sie wird im Ursprungsland leider immer noch etwa um die Hälfte kupiert.

Fellfarbe: Grundton soll ein kastanienbraun schattiertes Sandfarben (als „Grau“ bezeichnet) mit helleren oder dunkleren Varianten sein. Weiße Abzeichen an den Gliedmaßen und an der Brust; sind erlaubt. Das „Grau“ darf mit mehr oder weniger großen Flecken und getüpfelt sein. 
Haar: kurze, dichte Unterwolle, Deckhaar etwa vier Zentimeter lang, rau, und glatt anliegend, am unteren Fang und den Lefzen Bartbildung, Augenbrauen  deutlich markiert und aufstehend, übriges Kopfhaar kurz und rau, an den Behängen kurz und fein.

Verhalten: angenehmes Temperament, leichtführig, sozialverträglich, ausdauernde, überschaubare Suche, konzentrierte Arbeitsweise mit großem Finderwillen und Wildschärfe.

Als Fehler werden Über- und Untergröße gesehen, eine zu helle Farbe, ein formloser schwerfälliger Körper, ein gebogener Rücken, zu großer Kopf, zu langer und dicker Behang, eine helle Nase, offene oder zu tiefe liegende Augen, schlechte Stellung der Gliedmaßen, und weiche Pfoten. Auch zu weiche, zu kurze oder zu lange Behaarung am Körper ist nicht erwünscht. 

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DER RICHTIGE NAME

"Slowakischer Rauhbart", so ist diese Rasse in der deutschen Übersetzung der FCI eingetragen und so wird sie gewöhnlich auch bezeichnet. Der Originalname ist jedoch "slovenský hrubosrstý stavač", was richtig übersetzt "Slowakischer Rauhaar Vorstehhund" heißt. In Rassebeschreibungen taucht auch immer wieder der Name "Ohar" auf. "ohar" (tschechisch) heißt ebenso wie "stavač" (slowakisch) "Vorstehhund".